Samstag, 17. Juli 1993

Detroit, MI (24.06. - 17.07.1993)

(Anmerkung: Der Reisebericht wurde im Jahr 2008 geschrieben)

Es ist gar nicht so einfach, nach fast 15 Jahren einen Reisebericht zu schreiben, zumal ich damals nur sehr sporadisch ein Reisetagebuch führte. Nichtsdestotrotz versuche ich hier, meinen ersten USA Urlaub so gut wie möglich zu beschreiben.

Eigentlich führte mich der Zufall 1993 das erste Mal in mein Traumland. Als sich die Mutter meiner Bekannten Andrea das Bein brach und somit für den geplanten Verwandtschaftsbesuch in den USA ausfiel, wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, einzuspringen. Da brauchte ich nicht lange zu überlegen. Lediglich die Eintrittskarte für mein allererstes Depeche Mode Konzert musste verkauft werden (ich besuchte dafür nach meiner Rückkehr das beste Konzert der Devotional Tour in der Frankfurter Festhalle), und ich konnte nicht an der Abschlussfeier inkl. Zeugnisüberreichung zur bestandenen Fachhochschulreife teilnehmen.

Dafür flog ich am 24.06. mit Andrea von Frankfurt/M. nach Detroit, um ihren in den 50er Jahren ausgewanderten Onkel Oskar und ihre Tante Hilda zu besuchen. Als wir um 16:25 Uhr Ortszeit in Detroit ankamen, wurden wir von Hilda mit Tochter Ingrid und Enkel Nicki abgeholt. Wir fuhren in den Stadtteil Mt. Clemens, wo uns erst mal das Haus gezeigt wurde und wir unsere Sachen auspacken konnten. Ich war total begeistert von der Lage direkt am Clinton River, dem Swimming Pool im Garten und dem Partyraum samt Billardtisch im Keller. Zum Abendessen fuhren wir ins Ponderosa Steakhouse. Später schauten wir noch einen Sherlock Holmes Film im Fernsehen an, bevor wir uns dem Jetlag widmeten und ins Bett fielen.





Am nächsten Morgen zeigte mir Oskar erst einmal Detroit und die USA auf diversen Karten. Er verdeutlichte mir, mit welchen Entfernungen man es in diesem Land zu tun hat. Anschließend machten wir einen Spaziergang durch die nähere Umgebung, der uns auch an einem General Motors / Pontiac Autohaus vorbei führte. Hier holte ich mir einen Prospekt des neuen Trans Am.


Nach dem Mittagessen legten Andrea und ich erstmal eine Pause am Pool ein, bevor wir uns bei einem weiteren Spaziergang u.a. die Nachbarschaft und einen Teil von Old Mt. Clemens anschauten. Ein paar Stunden später hieß es schon wieder zusammen packen, denn eine knapp dreistündige Fahrt sollte uns zum Wochenendhaus von Oskar und Hilda führen. Kurt, einer der beiden Söhne, fuhr ebenfalls mit.




In einem Cottage direkt am See aufzuwachen, hat etwas. Nach einem ausgiebigen amerikanischen Frühstück mit Spiegelei und Schinken begann der dritte Tag in den USA mit einer Tretbootfahrt. Mittags lernten wir Jürgen, den anderen Sohn von Oskar und Hilda, mit seiner Familie kennen. Wir fuhren den ganzen Nachmittag über Jet-Ski und gingen abends total ausgehungert ein Steak essen.




Auf der Rückfahrt zum Cottage kamen wir noch an einem Wildgehege vorbei, in dem wir einen Bären und einen Kojoten sahen.


Den Sonntag verbrachten wir ebenfalls mit Jet-Ski fahren am Wochenendhaus. Der See war bei den sommerlichen Temperaturen eine willkommene Abkühlung. Abends ging es dann wieder zurück nach Detroit, denn Kurt musste am nächsten Tag wieder arbeiten.



Einen der beiden Folgetage verbrachten wir am Metro Beach in Detroit. Dieser schöne Strand liegt direkt am Lake St. Clair, und man kann weit entfernt die Skyline von Detroit sehen. Ich war erstaunt über die Größe des Sees. Bis zum Horizont war nur Wasser zu sehen. Wenn man das mit dem Bodensee zuhause vergleicht...



Am 30.06. fuhren wir nach Dearborn ins Greenfield Village. Hierher hat Henry Ford historisch wichtige Gebäude aus den ganzen USA transportieren lassen, u.a. das Originallabor von Thomas Edison und die Fahrradwerkstatt der Gebrüder Wright. Wir besichtigten das Geburtshaus von Henry Ford und die erste Werkstatt der Ford Motor Company. Einen Original Mississippi Schaufelraddampfer bekamen wir ebenfalls zu sehen.





Die nächsten beiden Tage verbrachten wir wieder eher ruhig mit ein bisschen Shopping, Karten schreiben und Relaxen. Beim Einkaufen fiel auf, dass überall Feuerwerkskörper für den bevorstehenden Independence Day verkauft wurden.

Am 3. Juli kam ich das erste Mal nach Canada. Zwischen Detroit und Windsor liegt einer der wichtigsten Grenzübergänge zwischen den USA und Canada. Man hat die Wahl, entweder durch einen Tunnel unter dem Detroit River oder alternativ über die Ambassador Bridge zu fahren. Unser Ziel bei diesem Tagesausflug nach Canada hieß Amherstburg, wo wir in den Boblo Island Freizeitpark gingen, der - wie es der Name sagt - auf einer Insel lag, auf die man mit Schiffen gelangte. Heute sind auf Boblo Island Eigentumswohnungen, den Freizeitpark gibt es nicht mehr. Schade, denn ich habe ihn nach all den Jahren immer noch in schöner Erinnerung. Abends fuhren wir wieder zurück nach Detroit.





Am nächsten Tag erlebte ich ein weiteres Highlight: Wir fuhren nach Downtown Detroit. Für ein Landei wie mich war das damals der absolute Wahnsinn, zwischen all den Hochhäusern in den tiefen Straßenschluchten zu stehen. Aber zunächst machten wir einen kurzen Abstecher zur James Scott Memorial Fountain auf Belle Isle, einer kleinen Insel nahe Downtown.


Danach besuchten wir Greek Town und fuhren ein paar Stationen mit dem People Mover, einer kleinen Bahn, die innerhalb Downtown Leute befördert. Dazu muss man wissen, dass Detroit als Autostadt ohne öffentliche Verkehrsmittel geplant wurde und es daher keine U- oder S-Bahn gibt. In den Haltestellen des People Mover gibt es kunstvolle Bilder aus Mosaiksteinen.





Das schönste Hochhaus war für mich mit Abstand das Renaissance Center, das sich durch seine runden Glastürme von den anderen Gebäuden abhob. Wir fuhren mit dem Lift ganz nach oben und hatten einen herrlichen Ausblick über die Stadt und nach Canada.





Am Montag war in den USA Feiertag. Das ist immer dann der Fall, wenn der eigentliche Feiertag auf das Wochenende fällt. Eine praktische Regelung, um auf eine 4-Tage-Woche zu kommen. Hier war es konkret der Independence Day (4. Juli), der auf einen Sonntag fiel.

Der nächste größere Ausflug führte uns quer durch Michigan bis an den nördlichsten Zipfel der Lower Peninsula. Mit der Fähre setzten wir am 8. Juli auf Mackinac Island über, einer Insel im Lake Huron, deren Besonderheit darin besteht, dass sie komplett autofrei ist. Man kann Fahrräder leihen, sich mit der Kutsche chauffieren lassen oder zu Fuß gehen. Wir besichtigten das Fort Mackinac, das im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1780 erbaut wurde. Auf der Insel befinden sich außerdem Wochenendhäuser einiger Prominenter und ein Yachthafen.





Auf der Rückfahrt legten wir nochmal einen Stopp am Cottage von Oskar und Hilda ein, wo wir den anschließenden Tag verbrachten.




Bevor wir am 10. Juli wieder nach Detroit zurück fuhren, machten wir noch eine Kanutour. Wir fuhren durch völlig unberührte Natur einen Fluss hinunter. Die meiste Zeit über war es völlig still. Unterwegs sahen wir einen Biber am Ufer entlang schwimmen, und irgendwo zwischen den Bäumen stand eine kleine Holzhütte.





In Mio hielten wir noch am Our Lady Of The Woods Shrine an, der zur St. Mary's Catholic Church gehört. Die Steinwaben enthielten Höhlen und Nischen mit Statuen, Mosaiken und Kerzen.





Es folgten wieder zwei Tage "Familienalltag" in Detroit. An einem davon waren wir in der Kirche, denn es stand eine Taufe an. Eine Kirchensteuer gibt es in den USA übrigens nicht.

Zum letzten Highlight machten wir uns am Dienstag, den 13.07., auf den Weg. Es ging wieder nach Canada, wo wir durch London und Paris fuhren, Toronto streiften und am Nachmittag Niagara Falls erreichten. Die kanadischen Horseshoe Falls sind um einiges beeindruckender als die amerikanischen Wasserfälle. Wir liefen als erstes zur Aussichtsplattform, von wo aus wir die Maid Of The Mist beobachteten, ein Boot, das mit Touristen in die Horseshoe Falls fuhr. Leider sind wir nicht mit dem Boot gefahren, aber das möchte ich auf jeden Fall bei einem späteren Urlaub noch nachholen.




Wir suchten uns ein günstiges Zimmer für die Nacht. Abends spazierten wir nochmal durch die Stadt. Die Niagara Fälle werden im Dunkeln von großen Scheinwerfern angestrahlt, wobei sich die Farben abwechseln. Mir gefiel die Stadt richtig gut, und ich möchte sie gerne noch einmal bei einem Urlaub um die Großen Seen besuchen. Am folgenden Tag fuhren wir wieder auf direktem Weg zurück nach Detroit.




Die letzten beiden Urlaubstage in Detroit verbrachten wir nochmal mit ausgiebigem Shopping in den Outlets in Sterling Heights und entspannend am Metro Beach. Es ist schon bemerkenswert, zu welch günstigen Preisen man qualitativ gute Kleidung in den USA kaufen kann.




Der Rückflug nach Frankfurt/M. startete am 16.07. abends um 21:35 Uhr. Ich erinnere mich noch, dass wir in ein Gewitter gerieten und in Boston landen mussten, um das Flugzeug zu wechseln. Irgendjemand erzählte, dass das Flugzeug vom Blitz getroffen worden sei und ein Triebwerk ausfiel. Ich konnte mich auch daran erinnern, dass es kurz völlig hell um das Flugzeug wurde. Es dauerte eine Weile, bis wir wieder an Bord gehen konnten, weil offenbar in Boston kein freies Flugzeug bereit stand und somit erst eine Maschine hergebracht werden musste. Am Samstag, den 17.07., kamen wir um 13:10 Uhr nach 3 1/2 Wochen wohlbehalten mit jeder Menge toller Erinnerungen in Frankfurt/M. an, wo Andreas Bruder bereits auf uns wartete. Für mich stand fest, dass das nicht mein letzter Besuch in den USA war.